undefinedHeute hat mich ein Schock überkommen! Ich gebe es ganz ehrlich zu, das hat mich etwas aus der Bahn geworfen. Ich klickte in eine News-Meldung mit Verweis auf https://app.suno.ai/, eine App die mittels KI Musik erstellt. Die Ergebnisse, die dort zu hören sind, sind unfassbar gut. Die Tatsache, dass so etwas mit wenigen Mausklicks zu schaffen ist, hat mich sowohl beeindruckt als auch erschreckt.

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Es wird nur noch eine Frage von Monaten sein, bis solche Tools in jeder DAW enthalten sind (DAW = Digital Audio Workstation, die Software mit der Musiker heute arbeiten). Jeder, der ein paar hundert Euro aufbringt, kann zukünftig recht professionelle Musik erzeugen - nur mit ein paar Mausklicks. Kein Genre ist sicher, keine Stilrichtung unmöglich. Als Resultat werden die Musik-Platformen wie Spotify, Soundcloud und Co bald mit millionen von KI-Songs überflutet werden. Die eigene Musik wird in dieser Flut untergehen und keine Hörer mehr finden. Es ist schlicht unmöglich.

Auf eine ähnliche Äusserung zu einem Beitrag über KI-generierte Bilder kam in einem Forum vor einer Weile mal die folgende Antwort:

"...hat die App denn etwas Neues geschaffen? Etwas subversives, nicht angepasstes vielleicht? Einen neuen Stil, eine neue Sichtweise? Nein. Das ist dann eben nicht Kunst sondern so wie Sie schreiben, Gelerntes, also verschiedene Stile, die andere Künstler in der Vergangenheit erfunden haben." - josefa maier449

Dabei wird, meiner Meinung nach, allerdings vergessen, dass die meisten Kunstschaffenden keine neuen Stile etablieren oder grundlegend neues schaffen. Wenn jemand gute Bilder im Stil von Picasso oder Rembrandt malen kann, dann ist er trotzdem ein Künstler der Anerkennung erfährt oder erfahren sollte. Nicht jeder erfolgreiche Künstler hat immer eine neuen Stil geschaffen oder die Kunstwelt dauerhaft verändert. Das ist auch bei Musik so. Viele sehr erfolgreiche Künstler haben sich "nur" in Ihrem Genre bewegt, den Stil fortgesetzt oder ergänzt oder mit einer kleinen eigenen Note verziert. Es war nicht nötig einen neuen Musikstil zu erschaffen und zu etablieren um Erfolgreich zu sein oder als Künstler wahrgenommen zu werden. Das wird sich jetzt aber Ändern. Ohne dieses Attribut verschwindet die eigene Musik in der Beliebigkeit und Masse der KI generierten Songs.

Masse

Die Masse an Neuveröffentlichungen ist bereits jetzt ein Problem. Die FAZ berichtet im Januar 2023, dass bei Spotify über 100.000 Songs jeden Tag hochgeladen werden. Im Jahr 2021 waren es "noch" 60.000 Songs am Tag. Diese Zahl wird sich in kürze noch vervielfachen. Bereits heute bedarf es massiver Anstrengungen aus dieser Masse hervorzustechen. Selbst extrem gute Musiker dümpeln auf Soundcloud mit wenigen hundert Plays umher während dramatisch schlechte Nummern tausende Plays haben (Plays = wie Oft ein Song gespielt wurde). Wie kann sowas sein? Nun, Plays und Aufmerksamkeit auf den Platformen wie Soundcloud oder Spotify ist heute eine Frage des Geldes, nicht der Qualität oder des künstlerischen Anspruches. Plays, Klicks und selbst Kommentare und Likes kann man kaufen. Am Besten im Tausender-Pack. Für viele Labels bedeutet ein erfolgreiches Marketing vermutlich die Investition von Geld in die richtigen Kanäle und Tools. Der "Content", also die Musik, ist dabei vermutlich unbedeutend. Es darf nicht zu sehr schlecht sein, aber sonst spielt es keine Rolle. Und das wird sich durch die viele KI-Musik noch verstärken. Ein Künstler ohne finanzielle Interessen und Investments wird kein Publikum mehr finden.

Live-Musik?

Einzig Live-Auftritte scheinen ein Ausweg zu sein. Aber der "Bedroom-Producer" wird keine Chance mehr haben. Die Lagerfeuer-Gitarre wird Ihren Reiz nicht verlieren und die Live-Band oder Kapelle wird Ihre Nische weiterhin besetzen. Der DJ kann die Party noch immer rocken. Aber die Online-Welt hat sich für Musiker im Internet soeben radikal verändert.

Tatsächlich frage ich mich, ob ich noch die Motivation aufbringen werde, viele Abende vor dem Keyboard und dem Monitor zu verbringen um neue Musik zu erschaffen, wenn vergleichbares in wenigen Sekunden durch jeden beliebigen Internet-User erzeugt werden kann? Muss ich mich auf die Live-Band konzentrieren in der ich spiele?

Im bereits erwähnten Forum hat Melilot Gawkroger ein würdiges Statement abgegeben, das ich hier unverändert als Schlusswort wiedergeben möchte:

"Kunst ist für viele Menschen jetzt schon genau eines: Überflüssig.

Der erste Berufsstand der in einer Krise geopfert wird sind Künstler ("Kunst ist Luxus, Luxus braucht man nicht unbedingt"), gleichzeitig der letzte um den man sich sorgt ("selber schuld, hättens halt was gscheites glernt"). Die Masse der Menschen lebt, isst, scheißt, schläft, und fickt sich durchs Leben - alles ohne jemals ein Theater, Museum betreten, oder aufmerksam ein Musikstück gehört zu haben.

Ist menschengefertigte Kunst obsolet? Für viele ist schon Kunst an sich obsolet - dass der Mensch ohne Kunst verblödet und verkümmert ist mE eine Tatsache - aber das stört ja schon lange niemanden.

Der Idiot hat noch nie danach gestrebt kein Idiot zu sein." - Melilot Gawkroger

 

 

 

UPDATE 3. April 2024: Musiker vereinigen sich gegen KI (golem.de)