In letzter Zeit häufen sich die völlig falsch dargestellten Pressemitteilungen zu IT und aktuellen TOP-Themen. Als IT-affiner Mensch sträuben sich mir regelmäßig die Haare, denn da wird gelogen und verdreht dass sich die Balken biegen.

Damit geneigter Leser da mal durchblickt, hier ein paar Übersetzungen. Es gibt natürlich keine keine Garantie auf Korrektheit und Vollständigkeit. Der Artikel spiegelt vor allem meine eigene Meinung/Erfahrung.

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Künstliche Intelligenz / KI / AI

Nur damit das klar ist, damit meint man das autonome entscheiden oder klassifizieren durch Programme die eigenständig lernen oder interpretieren können (genauer erklärt hier). Dabei wird zwischen starker KI (dem Menschen ebenbürdig) und schwacher KI (Lösung konkreter Probleme) unterschieden. Heute geht es meist um schwache KI.

Was aber definitiv nicht KI ist, sind durch Menschen generierte Entscheidungen im Programmcode (auch Algorithmen oder gerne IF-THEN-ELSE-Entscheidungen genannt). Nicht in allen Unternehmen, Problemstellungen und Situationen ist KI besser oder auch nur Sinnvoll.

Wenn aber die Marketingabteilung unbedingt mitmachen will, dann kommt sowas bei raus: Uber will betrunkene Kunden per KI erkennen (heise). Ich zitiere mal aus dem Artikel: Dazu betrachtet das System etwa, wie hastig und ungenau der Benutzer tippt, wie präzise er Links und Buttons anklickt, aber auch die Neigung des Smartphones, Gehgeschwindigkeit, Uhrzeit, Aufenthaltsort und wie lange der Benutzer für das Buchen einer Uber-Fahrt braucht.

Wer genau hinschaut erkennt, dass es sich dabei um simple IF-THEN-ELSE Anweisungen handelt.

IF bestimmte Merkmale erreicht sind AND IF zu viel, THEN lehnen wir das ab. 

Kein Programmierer bei Verstand würde für so etwas eine KI, in dem Fall ein Neuronales Netzwerk, einsetzen. Kosten, Nutzen und Wartung stehen in keinem Verhältnis. Vor allem auch, weil man KI-Systeme nicht mal eben Debuggen kann oder mal eben an neue Anforderungen anpassen kann. Bei Uber wird das vermutlich auch nicht mit KI gemacht, aber man war bei den Pressemeldungen immerhin ganz vorne mit dabei ;-)

Schwache KI macht Sinn bei der Verarbeitung von Bildern (zB Krebserkennung) und dem Erkennen audiovisueller Informationen (Spracherkennung, autonomes Fahren etc). Auch das Erkennen von Zusammenhängen in unstrukturierten Daten macht manchmal Sinn. Oder das ableiten von Voraussagen aus vielen komplexen Daten (Wettervorhersage).

Aber in gefühlt 8 von 10 Fällen ist hinter der Pressemeldung nicht wirklich KI sondern nur ein Algorithmus wie bisher auch. Aber das kann ja keiner prüfen...

Blockchain

Jeder macht mit und kaum einer hat es verstanden. Eine Zeit lang waren sich alle sicher dass das die Lösung für ganz viele Probleme sei. Ich gehe davon aus dass es allenfalls in Nischen und ganz speziellen Anwendungsfällen funktionieren kann. Man hört ja auch nur noch wenig, und das zu Recht. Klar ist, dass ganz viele Unternehmen in der Richtung forschen. Aber genaugenommen sucht jeder nach einem Problem für eine vorhandene Lösung. Und das geht nicht Oft gut aus...

Um die Ernsthaftigkeit von "wir machen Blockchain" zu prüfen muß man einem Unternehmen nur wenige Fragen stellen:

  • Welches Produkt mit Blockchain kann ich...
    • ...bei Euch jetzt(!) kaufen?
    • ...jetzt(!) im Einsatz sehen?
  • Was spare ich mit Blockchain gegenüber der traditionellen Funktionsweise?

Wenn dann gestottert wird, ist nichts dahinter.

Update: Wenn jemand Interesse hat das genauer zu betrachten, dem empfehle ich den folgenden Beitrag von FeFe (Felix von Leitner). Hier der Teil der für eine kurze Einschätzung von Blockchain taugt (ab Seite 46). Wer es genauer und technischer mag, kann von Anfang beginnen. Navigation mit den Cursortasten!

Big Data

Ja, der Trend flacht gerade wieder ab. Aber jeder macht noch immer "Big Data". Genaugenommen geht es darum, aus sehr großen Datenmengen sinnvolle Informationen zu gewinnen. Diese müssen dann Mehrwert liefern (zB Geld oder Erkenntnis).

Aber viele Unternehmen haben gar nicht die Datenmengen um tatsächlich sinnvoll "Big Data" Auswertungen zu machen. Andere erhoffen sich Erkenntnisse die sich monetarisieren, aber meist bleibt es bei der Hoffnung. Meiner Meinung nach macht das allenfalls in der Medizin und Astronomie einen Sinn. Ein Datensammler wie Facebook oder Goole mag daraus noch Werbestrategien ableiten. Aber das wars dann auch. Um rauszufinden was dran ist, einfach diese Fragen stellen:

  • Welche Erkenntnisse aus ihren Big Data Bemühungen sind denn bisher erfolgt?
  • Konnten ihre Big Data Anwendungen in irgend einer Weise den Umsatz steigern? Welche und wie?

Crypto

Immer noch ist Crypto die Kurzform von Kryptografie (Cryptography). Und das ist noch immer die Wissenschaft der Verschlüsselung (also Geheimes zu verstecken). Inzwischen verwendet die Presse das Wort Crypto ganz gerne für Kryptowährung(en), aber das verursacht nur maximale Verwirrung bei allen. Wenn jemand "Crypto" sagt und "Kryptowährung" meint, hat er offensichtlich nur wenig Ahnung von der Materie. Meiner Meinung nach besser nicht zuhören und schon gar nichts investieren!

Quantencomputer

Ein Hype der sich zäh hält. Wenn es denn klappt, ist es tatsächlich ein revolutionärer Sprung in der Computerwissenschaft. Aber es wird immer so sein, dass das nur für spezielle Berechnungen/Problemstellungen Sinn macht. Vielleicht haben wir mal einen Quantencomputing-Chip neben dem Prozessor stecken, aber das ist noch Science Fiction. Tatsächlich haben wir erst seit kurzem (Oktober 2019) den Beweis, dass ein Quantencomputer irgendetwas besser kann als ein normaler PC (Quantenüberlegenheit). Und das ist aktuell das erzeugen von Rauschen (Zufallszahlen). Bis da mal was brauchbares bei rumkommt, werden noch sehr viele Jahre vergehen. Ob alle Investoren so lange durchhalten ist schwer vorstellbar. Artikel wie dieser (zeit.de) belegen die Notwendigkeit, hinter das Marketing-Gewäsch zu gucken.

Aber "Wir forschen seit Jahren mit Millionenaufwand an Quantencomputern und jetzt rauscht unserer Gerät besser als ein PC" klingt halt nicht so gut.

Wir wurden angegriffen / gehackt

Recht häufig liest man, wie Unternehmen und Behörden angegriffen worden seien und daher jetzt Ausfälle hätten. Man hätte sie "gehackt". In vielen Fällen ist das absoluter Blödsinn. Man hat sich auf sein Schlangenöl verlassen (Antivirus) und dann hat man sich einen Trojaner oder Ransomware eingefangen. Ganz banal, durch Fehler von Mitarbeitern, ungepatchter Sicherheitslücken und nachlässiger Konfiguration. Häufig fand nie ein gezielter Angriff statt. Selten hat ein Hacker das Unternehmen gezielt angegriffen.

All diese Schlagzeilen lesen sich aber definitv besser als "Unser Schlangenöl hat versagt und unsere IT war veraltet und schlecht gesichert, darum haben wir uns was eingefangen".

Ein Instagram-/Facebook-/Snapchat-Konto wurde gehackt

Wäre das wirklich so, wären gleich hunderttausende Accounts betroffen. Denn dann gäbe es ein Sicherheitsproblem in der Software von Facebook, Instagram und co. Und das würde dann nicht nur ein Konto betreffen sondern potentiell alle.

Nein, tatsächlich hat jemand das Passwort für ein solches Konto schlicht erraten. Ausprobieren von mehr als 1000 Passwörtern am Tag wird durch technische Maßnahmen fast immer unmöglich. Eine Brute-Force Attacke ist also nur ganz schwer Möglich (alle Varianten durchtesten).

Daher bleiben nur zwei mögliche Ursachen: Ein unsicheres Passwort oder ein ausgetrickster Nutzer.

Häufig ist einfach das Passwort zu unsicher. Der Name vom Freund*in/Mutter/Haustier etc als Passwort und schon ist der Angreifer in kürzester Zeit drinnen. Die Angreifer sind meist nur gut über das Opfer informiert. Mit hacken und knacken hat das nichts zu tun. Es ist fast immer Fahrlässigkeit beim Passwort. Und das vergibt der Nutzer in der Regel selbst (also der Promi/Star der "gehackt" wurde).

Augetrickst ist man auch schnell. Ein Link auf ein tolles Video ist schnell mal angeklickt. Dann fragt das nervige Ding schon wieder nach dem Facebook-Passwort und man tippt es genervt ein. Ohne zu merken dass man es gar nicht bei facebook eintippt sondern gerade auf der gut gefälschten Webseite eines Betrügers. Danach hat er mein Passwort und kann mein Facebook-Konto ohne Mühe übernehmen. Mit hacken und knacken hat das ebenfalls nichts zu tun.

Aber hey "Promi XYZ Instagram-Konto wegen schlechtem Passwort übernommen" oder "Promi XYZ hat dem Verbrecher das Facebook-Passwort auf dem Silbertablet serviert" klingt einfach nicht so gut…

 

Ich hoffe ich konnte euch ein bisschen beim Verständnis helfen? Natürlich gibt es all diese Technologie und Probleme wirklich und es macht auch Sinn darüber zu berichten. Nur die teilweise irreführenden Marketing-Meldungen konnte ich eventuell etwas korrigieren ;-)