undefinedVor kurzem wurde ich von einem Freund angerufen und es kamen Fragen zu einem möglichen Umstieg von Windows zu Linux in seinem Handwerkerbetrieb. Auf die Gründe zu diesem Wechselwunsch, und davon gibt es durchaus einige, gehe ich hier nicht ein. Aber hier die Antworten zu ein paar der Fragen, denn im Prinzip stellen sich diese sicher viele Wechselwillige.

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Was gibt es zu bedenken?

Die folgenden Punkte sollte man erstmal erfassen und bei allen weiteren Entscheidungen im Auge behalten:

  1. Was sind die Aufgaben für die wir unsere IT verwenden?
  2. Wie viele Personen sind betroffen?
  3. Wie viele Desktops/Laptops sind betroffen?
  4. Wie viele Server sind betroffen?
  5. Wollen wir zukünftig Cloud-Lösungen nutzen oder lieber wenn Möglich "on premise" (also selbst betreiben)?
  6. Wollen wir bestimmte Hersteller oder Lösungsaspekte vermeiden?
  7. Sind wir bereit für den Umstieg auch Geld und Zeit zu investieren?
  8. Haben wir Zugriff auf Fachpersonal mit Linux-Kenntnissen? Wie sieht es damit in der eigenen IT aus (falls es eine gibt)?
  9. Sind wir bereit, uns umzustellen und einige Dinge auch neu zu lernen um wieder Produktiv zu werden?
  10. Können wir uns eine Umstellungszeit mit weniger Produktivität leisten, die wir für die Umgewöhnung brauchen?

Die Antworten können schon einen Hinweis geben, ob ein Wechsel zu Linux überhaupt machbar ist.

UPDATE Juli 2024: Interessanterweise wird das Thema gerade immer präsenter. Auch renommierte PC-Magazine, bisher stark auf Windows fokussiert, bringen jetzt artikel wie Umstieg von Windows auf Linux: Das Fenster geht zu. Spannend...

Welche Linux-Distribution?

Es gibt, im Vergleich zu WIndows oder auch dem Mac, viele Varianten von Linux-Systemen. Im Kern werkelt immer ein Linux-Kernel, aber darüber hinaus gibt es verschiedene Deskop-Manager wie KDE und Gnome (unterscheiden sich in Komfort, Hardware-Anforderungen und Optik) und auch verschiedene, nennen wir es mal "Philosophien" und auch Anwendungszwecke (Server, Desktop, Programmierer, Hacker etc). Da es hier vor allem um ein Unternehmen und dessen Desktops geht, empfehle ich die folgenden:

  1. Ubuntu
    1. Gute Wahl für neue Linux-Nutzer. Vermutlich die am besten durch die Community unterstützte und supportete Version.
    2. Kubuntu, die KDE-Variante, ist meine persönliche Empfehlung da der KDE-Desktop von vielen Windows-Nutzern gut akzeptiert wird.
       
  2. Linux-Mint
    1. Stylischer, aber auch basierend auf Ubuntu.
    2. Es zielt noch mehr auf ehemalige Windows-Nutzer.
       
  3. OpenSUSE LEAP mit KDE
    1. Mein persönlicher Favorit, weil es sehr stabil und gut getestet ist. Allerdings ist die Community für Support-Fragen deutlich kleiner und daher nur geeignet, wenn entsprechendes Linux-Vorwissen vorhanden ist.

Letztlich kann man alle Linux-Versionen kostenlos und unbegrenzt testen und ausprobieren. Das empfehle ich auch dringend!

Wichtige Programme

Häufig sind es bestimmte Programme und deren (nicht)verfügbarkeit auf Linux, die am meisten Probleme bereiten. Da es für den Alltag meist gute Ersatz-Software gibt (siehe unten), handelt es sich bei den Problemkindern meist um Fachanwendungen. Dabei sollte man grundlegend, für jedes betroffene Programm, die folgenden Fragen abarbeiten:

  1. Kontaktieren Sie den Hersteller (zB Support-Kontakt oder Foren etc). Fragen Sie, ob es eine Lösung für Linux gibt.

    Manche Hersteller sind inzwischen hellhörig geworden und bieten durchaus auch mal inoffiziell Linux-Versionen Ihrer Software an. Andere schwenken auf Cloud-Lösungen um und bieten die Nutzung ihrer Software durch einen Webbrowser oder eine Remote-Software.
     
  2. Kann die Anwendung eventuell durch ein anderes, unter Linux existierendes, Programm ersetzt werden?

    Häufig existieren für viele Aufgaben tolle Linux-Alternativen. Als Startpunkt zur Suche hat sich alternativeto.net bewährt. Auch die Suche bei GitHub hat schon tolle Treffer zu Tage gefördert. Und natürlich die obligatorische Suche mittels Google.
     
  3. Versuchen Sie die Anwendung mit WINE auf einem Linux zu installieren. Geht das? (Tipps für Ubuntu)

    Wenn es sich nicht um aufwändige Software oder kopiergeschützte Software handelt ist es durchaus Möglich, dass es mit WINE auch direkt unter Linux laufen kann. Es gibt eine, leider nicht immer gut gepflegte, Kompatibilitäts-Datenbank unter appdb.winehq.org. Da sind aber nur weit verbreitete Programme aufgeführt.
     
  4. Kommt Virtualisierung in Frage?

    Mit dem kostenlosen VirtualBOX können virtuelle Computer auf Linux erstellt und verwendet werden. Wenn die Windows-Software nicht täglich in Benutzung ist (zB wöchentliches Banking oder eine seltener genutzte Fotobearbeitung) kann es Sinnvoll sein ein virtuelles Windows zu haben das bei Bedarf nur aufgeweckt wird (das dauert nur wenige Sekunden).

Gute Alternativen zu bekannten Windows-Programmen

  • Outlook ➜ Thunderbird oder Evolution für E-Mail, Kalender, Kontakte
  • Word/Excel/Powerpoint ➜ Libreoffice und Softmaker Office
  • Microsoft Edge Webbrowser ➜ Firefox, Chromium, Opera, Vivaldi etc.
  • ...

Andere bekannte Linux-Software

  • Gimp und Pinta ➜ Zeichensoftware und Bildbearbeitung
  • XnView ➜ Bildbetrachter mit vielen eingebauten Bildbearbeitungsfunktionen
  • Darktable und RawTherapee ➜ Bildbearbeitung für professionelle Fotografen
  • Krita ➜ Zeichenprogramm für Künstler (auch Animationen)
  • Blender ➜ Professioneller 3D Raytracing Bilderzeuger
  • FreeCADVariCADBricsCAD und LibreCAD ➜ CAD-Software von Einfach bis Profi
  • GnuCash und Hibiscus ➜ Banking-Software
  • Sane und Gscan2pdf ➜ Software zum scannen von Dokumenten
  • ...

Hierfür gibt es aktuell keine echte Linux-Alternative

  • Adobe Produkte wie zB Photoshop.
  • Musiksoftware und virtuelle Instrumente (VST).
  • Professionelle CAD/CAM-Software.
  • ...

Das ist nur ein Ausschnitt. Es gibt viel Software, vor allem Branchenspezifische, die nur auf Windows existiert und zu dieser es keine Linux-Alternativen gitb. Wenn Sie auf eine dieser Softwares im täglichen Einsatz angewiesen sind, ist Linux möglicherweise nicht für Sie geeignet oder Sie betreiben einen Windows-PC nur zu diesem Zweck und machen die restliche tägliche Arbeit auf dem Linux-Rechner.

Hardware

Nicht jede Hardware wird vom Hersteller auch mit Linux-Treibern ausgeliefert. In vielen Fällen liefert die Linux-Community auch passende Treiber oder Einstellungen, aber letztlich muss man "Hausaufgaben machen". Checken Sie, ob benötigte Drucker, Scanner und andere Hardware von Linux unterstützt wird. Am besten eignet sich Google zur Suche, zum Beispiel mit "{hardwareName} Linux Treiber" oder "{hardwareName} Linux support". Oder natürlich direkt an einem Test-Rechner mit Linux ausprobieren.

Wenn neue Hardware gekauft werden soll, empfehle ich den Blick in die Bewertungen oder ob explizit Linux-Unterstützung angeboten wird. Es gibt auch Hersteller wie Tuxedo und Händler wie ixsoft, die speziell auf Hardware mit Linux-Support ausgerichtet sind.

Server-Software

Wenn sie heute im Internet waren, liefen vermutlich fast alle Server die Sie besuchten mit Linux. Und Ihr Router (zB FritzBox oder Telekom-Router) und Ihr WLAN-Router (zB Zyxel, Lancom) auch. Auf Servern ist Linux besonders stark. Daher existieren auch für fast alle Server-Anwendungen passende Linux-Alternativen. Egal ob Mailserver, Fileserver, Netzwerkdienste wie DNS oder DHCP, Datenbanken, Verzeichnisdienste wie LDAP oder Kerberos-Authentifizierung. Für alles stehen professionelle und leistungsstarke Lösungen zur Verfügung.

Bekannte Linux-Server-Software

  • Samba/CIFS ➜ Erstellt und erlaubt Laufwerks-Freigaben mit dem Windows-Kompatiblen SMB-Protokoll
  • postfix und sendmail ➜ Mailserver-Software
  • Proxmox und xcp-ng ➜ Virtualisierung als Ersatz für VMWare ESX(i)
  • Dokuwiki und MediaWIKI ➜ Aufsetzen einer kleinen Unternehmens-Datenbank ("Wissen bewahren")
  • paperless-ngx ➜ Professionelles Dokumentenmanagement fürs Unternehmen
  • zabbix ➜ Komfortable und professionelle Open Source Monitoring-Lösung (Server-Überwachung)
  • Duplicati und Bacula ➜ Backup-Software für Linux-Systeme und Server

 

Ich plane, diesen Artikel immer mal wieder zu aktualisieren oder zu ergänzen. Wenn was wichtiges fehlt, hinterlassen Sie einen Kommentar.