Maker-Szene - Beginn einer Revolution?
In letzter Zeit entdecke ich immer mehr Maker-Projekte, die eine Marktlücke zu schliessen scheinen. Viele Maker bauen etwas, weil es das schlicht nicht zu kaufen gibt. Oder nicht in der gewünschen Qualität oder Funktionalität. Nicht immer ist das sofort zu erkennen, man liest es aber Oft aus dem Kontext oder der Einleitung.
Auch ich habe mit der ein oder anderen Bastelei für mich eine Marktlücke geschlossen (eigener Wecker, Fenster-Timer). Und vor kurzem hat einer meiner Mitarbeiter angekündigt, er denke darüber nach sich ein Handy selbst zu bauen weil Android und iOS ihm nicht gefallen.
Kann es sein, dass sich viele Maker-Projekte als Rebellion gegen die am Markt erhältlichen Produkte entpuppen? Ist der Boom der Maker-Szene eine Reaktion auf den Markt?
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Auch ich bin schon seit vielen Jahren oft am Verzweifeln. Wir haben unglaubliche technische Möglichkeiten, und dennoch sind viele Produkte heute schlicht und einfach Schrott oder sind zum schnellen ableben gebaut (geplante Obsoleszenz). Die Liste großer und kleiner Technik-Pannen ist groß. Seit geraumer Zeit erlebe ich selbst so eine und eine möchte die hier wiedergeben. Vor allem um klarzumachen, was Leute dazu treibt ein Maker-Projekt zu starten und in Ihrer Freizeit Dinge zu bauen, welche für ein paar Euro eigentlich überall zu kaufen wären:
Unser neues Küchenradio
Nachdem das alte FM-Radio in der Küche kein DAB empfängt, wollten meine Frau und ich eines, dass auch DAB Empfangen kann. Das war es. Die Anforderungen an das neue Radio waren überschaubar:
- DAB-Empfang
- Unterbau (unter den Küschenschrank) und nicht zu Groß
- Eingebauter Küchen-Timer den man gut hört
Das war aber leider nicht das, was die Hersteller so anbieten. Da ist meist eine Menge Schnick-Schnack dabei, es sind riesige Radios oder schlicht unbezahlbar. Letztlich haben wir uns für dieses hier entschieden: Soundmaster Highline (UR2045SI).
Das war aber keine gute Idee, denn ich erzähle Euch jetzt mal, was dieses Radio so für Macken hat:
- Der Ein/Aus-Schalter
- Um das Radio anzuschalten, genügt ein kurzer druck. Prima.
- Um es auszuschalten, muß man lang drücken. Wenn man nur kurz drückt, schaltet es von DAB auf FM und dann auf Bluetooth und wieder auf DAB.
- Hören wir also DAB und drücken nicht lang genug auf den Ausschalter (man will die Küche je gerade verlassen), dann schaltet der nur auf FM. Da dort kein Sender gewählt ist, schnarrt es nur plötzlich laut.
- Der Hersteller glaubt offenbar, man muß häufiger zwischen DAB, FM und Bluetooth hin- und herschalten als man das Radio an- und ausschaltet.
- Der Timer
- Stellen
- Um den zu stellen, muß man mit zwei Knöpfen hantieren. Der "+" erhöht die Zeit um 10 Minuten. Der "-" reduziert um eine Minute. Um also von 10 auf 11 Minuten zu erhöhen, muss man einmal "+" und 9 mal auf "-" drücken. Und das funktioniert so nur bis 60 Minuten. Für Zeiten darüber muss man so komplexe Tastenfolgen drücken, dass ich mir die bis heute nicht merken kann.
- Rest-Anzeige geht immer weg
- Läuft der Timer mal (zählt rückwärts), springt das Display nach 15 Sekunden auf die Anzeige des Radiosenders oder der normalen Uhrzeit zurück. Will man die Restzeit sehen, muß man die Timer-Taste immer wieder drücken. Und dann hält es wieder 15 Sekunden.
- Wenn es dann klingelt, dann sofort auf 100% der Lautstärke.
- Unser alter Radio fing leiser an und hat das dann gesteigert. Hier bekommt man fast einen Herzinfarkt.
- Ausschalten schaltet das Radio aus
- Um den Alarm dann zu beenden muß man den Timer- oder den Ein/Aus drücken. Falls vorher das Radio lief, ist es danach immer ausgeschaltet. Man muß es erneut einschalten um weiter Radio zu hören.
- Stellen
- Der Equalizer
- Der lässt sich nur bei ausgeschaltetem Radio in einem schwer zugänglichen Menü auswählen. Also hört man erst was es bewirkt, wenn man danach den Radio wieder einschaltet. Und wenn es nicht gefällt, dann wieder ausschalten und erneut in's Menü für den nächsten Versuch...
- Einmal hat der Timer-Alarm zwar gestartet, aber ohne Ton (nur die Anzeige sagte "Cooking Timer"). Danach ging nichts mehr. Keine Reaktion auf drücken jeglicher Knöpfe. Auch Stecker raus/rein hat nicht geholfen. Sozusagen "aufgehängt". Ich musste einen Factory-Reset machen und alles neu einrichten um das Radio wieder an's laufen zu bekommen.
Und was soll uns das sagen? Dass man mal wieder nichts gedacht hat? Dass Ingenieure nur noch Mist liefern und versagen? Ich kann mir dieses Produkt wirklich nicht erklären. Hätte einer der Verantwortlichen das Ding mal mit nach Hause genommen und in seiner Küche installiert, dann hätte ihm seine Familie schnell erklärt woran es hängt...
Auch hier habe ich bereits mit der Idee gespielt, das Problem durch einen Selbstbau selbst zu lösen.
Weitere Fälle...
Ein Kinderspielzeug-Boot mit Aufziehmotor. Antriebswellen-Durchmesser: 1,5mm. Loch im Boots-Boden aus dem die Welle rauskommt: 3mm. Resultat: Das Boot säuft nach 15 Sekunden ab.
Neuer Samsung-Fernseher: Kann keine divx und andere Video-Formate von USB/Netzwerk abspielen. Der Vorgänger (auch Samsung, kleiner, 7 Jahre älter) konnte das Problemlos. Warum nicht mehr? Tja, das hätte Samsung je Gerät ein paar Cent Lizenz-Gebühren gekostet. Als Resultat musste ich einen Media-Player kaufen...
HDD-TV-Recorder: Mein alter Orion VHS-Video-Recorder mit Festplatte konnte auch TV auf HD aufzeichnen. Die Wiedergabe und Bedienung war Blitzschnell. Im Video konnte man per Tastendruck 30 Sekunden +/- drücken (Werbung überspringen). Und alles reagierte sofort(!). Die Original-Festplatte (SATA) konnte ich Problemlos durch eine neuere und Größere tauschen. Das ging Reibungslos. Jeder Versuch ein gleichwertigeres neueres Gerät zu kaufen ging schief. Alle waren furchbar kompliziert zu bedienen, schrecklich langsam (Spulen? Haha... Springen? Haha...) und damit unbrauchbar. Ich habe dreimal nach nur einem Tag testen zurückgesendet (uA Panasonic, Blaupunkt, Sony). Ein Sony Blueray-Player mit HDD war dann akzeptabel (aber noch weit Weg vom Komfort des alten Orion).
Ein TomTom-Navi das unausschaltbar vor jeder Orteinfahrt laut ankündigt, dass gleich eine Ortschaft mit 50km/h kommt. Nein, auch deren Support und diverse Foren konnten nicht helfen das zu deaktivieren. Unbenutzbar. Zurück...
Die Liste ist noch länger, will Euch nicht langweilen...
Also, steht wirklich immer mehr Technik-Schrott in den Läden?
Ja, ich persönlich habe den Eindruck, dass tatsächlich immer mehr Technik-Schrott in den Läden steht!
Wenn man die Maker-Beiträge im Internet aufmerksam liest findet man viele Projekte, die auf Grund ähnlicher Probleme (Funktion, Features, Qualität) begonnen wurden. Nicht immer ist es aber Einfach einen Ersatz qualitativ ebenbürdig herzustellen. Dazu stehen die Fertigungsmöglichkeiten meist nicht zur Verfügung. Vor allem wenn es um Miniaturisierung oder Chipproduktion geht. Aber zum Glück hat sich die Maker-Szene stark vergrössert und inzwischen stehen auch viele Komponenten zur Verfügung die vor einigen Jahren noch unerreichbar waren (meist direkt auch China zu beziehen). Also steht auch einem Selbstbau-Phone eigentlich nicht mehr viel im Weg.
Ist da eine Revolution im kommen?
Ich denke nicht. Dazu sind viel zu wenig Menschen technisch Fähig so etwas zu tun. Und es zeichnet sich ja auch eine gewisse Müdigkeit ab. Die Leute nehmen das einfach so hin. Aufregen nützt ja nichts. Aber es zeigt sich eben auch recht deutlich, dass es einzelne gibt die den Schrott nicht akzeptieren wollen. Hoffen wir mal darauf, dass sich der ein oder andere Hersteller zurückbesinnt und gute Produkte entwickelt und diese dann auch zu fairen Preisen verkauft.
Wie seht Ihr das, habt Ihr auch schon was gebaut, dass es am Markt einfach so nicht zu bekommen gab? Was war das und was hat gefehlt?
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