undefinedDieses Jahr hat es mich, zusammen mit meiner Frau und der jüngeren Tochter, wieder nach Italien in den Urlaub geführt. Sonne satt, Strand und die Verwandschaft lockten. Da diese in den Abruzzen leben, fuhren wir wieder nach Ortona (bei Pescara). Das bedeutet, zehn Stunden Autofahrt. Einmal durch die Schweiz (traditionell über den San Bernardino) und dann an Mailand vorbei bis hinunter.

Dieses Jahr wurde mir noch stärker bewusst als die Jahre zuvor, wie unterschiedlich die Italiener und Deutschen zum Autofahren stehen. Hier ein paar Beobachtungen...

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Autobahn

Tempo, Tempo

Auffällig ist, dass sich viele Italiener durchaus an das geltende Tempolimit (meist 130 km/h) halten. Allerdings das Tempo vom Navi, welches auch bei mir die 130 km/h erst anzeigt, wenn mein Tacho bereits fast 140 zeigt. Aus Erfahrung kenne ich das schon und habe mich dem allgemeinen Tempo angepasst. Überholt wird man dann relativ selten - dann aber meist durch Sportwagen oder dicke deutsche Limousinen. Allerdings halten die Italiener das Tempo keinesfalls akurat. Im Gegensatz zum deutschen Fahrer wird absolut frei und nach Gefühl gefahren. Bergab schneller, Bergauf langsamer - oder auch mal umgekehrt (die Regel hab ich noch nicht gefunden). Viele schwanken frei zwischen 100 km/h und 150km/h. Und das völlig ohne erkennbaren Grund. Vor allem wenn man mit Tempomat fährt kommt es immer wieder vor, dass man ein und das selbe Fahrzeug mehrfach überholt und dann wenige Minuten später von diesem wieder überholt wird. Das schafft Verwunderung und sorgt auch für das ein oder andere Gespräch im Auto :-)

Striche? Fahrspuren? Nennen wir es "Empfehlungen"...

Die Striche für Fahrspuren werden offenbar mehrheitlich als Empfehlung gesehen, die nicht unbedingt eingehalten werden muss. Hunderte Fahrzeuge fuhren Kilometerweit zwischen den Spuren. Schwankend und meist exakt mit der Linie unter der Fahrzeugmitte. Fährt man dahinter, ist es richtig gefährlich! Mehrfach glaubte ich, der Fahrer vor mir wechselt auf die rechte Spur und ich habe bereits beschleunigt. Man erschreckt schon, wenn man fast daneben ist und dann zieht der einfach wieder nach links. Blinken tut man ja sowieso nicht (siehe unten). Hier muss man echt höllisch aufpassen!

Aufgefallen ist auch, dass für extrem viele Italiener die rechte Fahrspur nicht zur Verfügung steht. Es scheint die Annahme zu herrschen, dass diese nur von LKW, Bussen und Loosern befahren werden darf. Oder im Stau. Selbst wenn man nur 90 km/h fährt, tut man das in der Mitte und keinesfalls rechts. Diese Spur wird massiv gemieden. Das führt zu vielen Problemen durch heranfahrende andere Fahrzeuge. Rechts überholen ist daher weit verbreitet - stellt es doch manchmal die einzige Möglichkeit dar, eine Vollbremsung zu vermeiden.

Interessanterweise haben die selben Leute später kein Problem, den Pannenstreifen im Stau als Fahrspur zu nutzen und mit Affenzahn an den anderen Vorbei zu rasen ("In 1 km ist meine Ausfahrt, da geht das schon...").

Und Motorräder nutzen alle Spuren und überholen rechts und links und ohne Rücksicht auf irgendwelche Verkehrsregeln. Immer schön in den Spiegel gucken!!!

Blinken

Das kommt in Italien extrem selten vor. Und wenn, dann vergisst man das Ding wieder auszuschalten und lässt es bis zur nächsten Abfahrt oder so einfach weiterblinken. Ich bin vielen Fahrzeugen begegnet die einfach Kilometerweit geblinkt haben, ohne jemals die Spur zu wechseln oder es auch nur zu versuchen... Dahingegen blinkt zum Spurwechsel oder Abfahren so gut wie niemand.

Landstraße

Die italienischen Landstraßen sind immer ein kleines Abenteuer. Zumindest in den Abruzzen hat man das Aufmalen von Strichen meist gleich weggelassen. Wird ja sowieso nicht beachtet.

Am faszinierendsten find ich das Tempo. Während auf dem Land fast überall innerorts und auch ausserorts 50 km/h oder 70 km/h gelten, kümmert das niemanden. Selbst 30er-Schilder bleiben ohne jegliche Wirkung. Fährt man nach den Vorgaben hat man ganz schnell eine von drei Situationen: 1) Es entsteht eine lange Schlange hintendran 2) es folgt ein Hupkonzert oder 3) man wird gnadenlos überholt (auch im Gegenverkehr). Hier gilt es, sich dem laufenden Verkehr anzupassen und auch den Rückspiegel im Auge zu behalten.

Unfallpotential

Ich hatte bisher das Glück, noch nie einen Unfall in Italien gehabt zu haben. Ich führe das vor allem auf die hohe Anspannung und die daraus resultierende Aufmerksamkeit zurück. Auch ein aufmerksamer Beifahrer(in) ist viel Wert. Vor allem, wenn man noch etwas sucht oder an den vielen unübersichtlichen Kreuzungen.

Auf der Heimfahrt habe ich mir vorgenommen zu prüfen, wie sich die Unfallstatistiken von Deutschland und Italien unterscheiden. Ich habe, ehrlich gesagt, damit gerechnet dass Italien deutlich mehr Unfälle hat als Deutschland. Interessanterweise hat die ADAC-Studie zu dem Thema (2014) herausgefunden, dass Italien mit 56 eine nur gering höhere Anzahl Unfalltote pro 1Mio Einwohner aufweist als Deutschland mit 42. Das ist schon beachtlich mehr (33%), aber weniger als angenommen. Allerdings ist die Zahl der Unfalltoten auch nicht ganz die richtige. Ich bin immer noch überzeugt dass es viel öfters knallt. Die, aus dieser Sicht, relativ geringe Anzahl Unfalltoter in Italien führe ich auch auf die Tatsache zurück, dass sich die Italiener inzwischen ebenso viele moderne Autos mit modernem Insassenschutz leisten wie die Deutschen. Eine Statistik zur Anzahl Unfälle ohne Todesfolge habe ich nicht gefunden.

Fazit

Wenn man inm Italien mit dem Auto fährt, muss man sich umgewöhnen. Inzwischen achten auch die Italiener auf ihr Auto und die alten Schauergeschichten mit verbeulten Autos in den Städten sind nur noch regional begrenzt gültig. Allerdings ist allgemein eine hohe Aufmerksamkeit gefordert. Also, liebe Leser, bitte passt gut auf Euch auf.